Zentrale oder dezentrale Organisation der Exportkontrolle: So sind Sie perfekt aufgestellt

Zentrale oder dezentrale Organisation der Exportkontrolle: So sind Sie perfekt aufgestellt

Die Organisation und die Struktur Ihrer Export- und Exportkontrollprozesse hängen entscheidend von der Organisationsform an sich ab. Diese kann einerseits dezentral oder andererseits zentral sein. Das bedeutet, dass Sie bei der Implementierung Ihrer Prozesse zwangsläufig darauf achten müssen, in welcher Organisationsform Sie unterwegs sind und wie Sie die Exportkontrolle anhand Ihrer betrieblichen Organisation ausrichten müssen. Wie Sie dabei richtig vorgehen, erfahren Sie im Folgenden. Insbesondere Konzerne sind hier vor einige Herausforderungen gestellt. Aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen stellt sich die Frage nach der vertikalen Organisationsstruktur bei mehr als einem Standort.

Zentral oder dezentral? – In beiden Fällen gelangen Sie zur rechtssicheren Struktur

Die gute Botschaft vorweg: Es kommt in keiner Weise auf das Setup an. Unabhängig davon, ob es sich bei Ihrem Unternehmen um eine dezentrale oder zentrale Organisation handelt, können Sie Ihre Exportkontrollprozesse in beiden Fällen rechtssicher aufsetzen. Letztlich entscheidend ist für die Exportkontrollprozesse und deren sichere Abwicklung einzig und allein die Kommunikation innerhalb des Unternehmens.

Beispiel einer zentralen Organisation
Beispiel einer dezentralen Organisation

Bei dezentraler Organisation werden fachliche Entscheidungen auch an den Standorten getroffen

Bei einer dezentralen Organisationsstruktur stellen die verschiedenen Standorte die Kompetenzzentren, die den jeweiligen Exportkontrollprozess fachlich verantworten, dar. Was bedeutet das konkret? An einem Standort, der in vielen Fällen auch ein Produktionswerk oder Servicezentrum ist, wird die finale Entscheidung, ob und wie beispielsweise die Sanktionslistenprüfung abgearbeitet oder die Endverwendung sichergestellt wird, eigenverantwortlich geprüft.

Sie haben als Headquater deshalb „nur“ die Richtlinienkompetenz, die das Ob mitbestimmt. Hingegen ist es bei einer zentralen Struktur so, dass der Standort bzw. das jeweils beteiligte Werk nach den Vorgaben der Zentrale arbeitet. Die Zentrale setzt also den rechtlichen und prozessualen Rahmen, welcher dann auf Standortebene umgesetzt wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Werke bzw. Standorte keinerlei Mitspracherecht hätten bzw. bei einer zentralen Organisation auf Werksebene keine Fachexperten mehr vor Ort sind.

Mein Tipp: Beziehen Sie auch in einer zentralen Organisation die Standorte bzw. Werke immer mit ein

Auf Grund meiner Erfahrung empfehle ich Ihnen, dass Sie auch bei einer zentralen Organisationsstruktur immer die Standorte in die Entscheidungsfindung bzw. ins Brainstorming mit einbeziehen, auch wenn Sie die finale Entscheidung treffen. Dabei können Sie natürlich auch gegenläufige Meinungen der Werke überstimmen.

Der Austausch und die Einbeziehung dienen dazu, für eine höhere Akzeptanz zu sorgen, auch wenn Sie schlussendlich eine nicht vor Ort favorisierte Entscheidung treffen. Von den Wünschen des Werkes bzw. des Standortes abweichende Entscheidungen sollten natürlich grundsätzlich zumindest nachvollziehbar und gangbar bzw. valide sein.

Bei einer zentralen Organisation gilt: Präsenz zeigen und Verantwortung übernehmen

Wenn Sie in einer zentralen Organisation strukturiert sind, ist Ihre Rolle die einer Speerspitze für alle fachlichen Entscheidungen und auch, wie welche Prozesse auszulegen bzw. umzusetzen sind. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass Sie verstärkt Präsenz zeigen und mit Entscheidungsfreude ans Werk gehen müssen. Zwangsläufig wird man immer wieder dazu übergehen, dass man aus den Werken bzw. den Standorten Anfragen an Sie weiterleitet, um die entsprechende Entscheidung bei Ihnen einzuholen.

Dabei ist Vorsicht geboten, dass man immer das richtige Mittelmaß zwischen Entscheidungsfindung und Unterstützung bzw. Zurückdelegation und schlichter Abarbeitung findet. Dies sollten Sie immer im Blick haben. Sonst werden Sie von vielleicht „verschnupften“ Standorten mit banalen Rückfragen bzw. bereits anhand der Prozessstruktur abzuarbeitenden Fällen überhäuft. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Dezentrale Organisation trifft Entscheidungen auch losgelöst

Bei einer dezentralen Struktur sollten Sie sich im Klaren darüber sein, dass Sie den Standorten bzw. den Werken auch eigene Entscheidungen überlassen müssen. Dabei geht es nicht nur um das reine Überlassen, sondern Sie müssen es den Standorten bzw. Werken aktiv zugestehen.

Das bedeutet letztlich für Ihre Organisations- und damit verbundene Prozessstruktur, dass Sie im Sinne einer Pyramide der verschiedenen Rangfolgen der Anweisungen auf Ebene der Richtlinie agieren. Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht dies:

Hierarchie der Prozesse

Wichtig ist zudem, dass Sie die Einhaltung der von Ihnen vorgegebenen Strukturen konsequent überprüfen. Grundsätzlich ist im Gegensatz zur zentralen Organisation auf Grund der dezentralen Entscheidungskompetenz weniger Vor-Ort-Präsenz notwendig.

Dennoch ist es zwingend erforderlich, dass Sie trotz der dezentralen Befugnisse immer überwachen, dass die von Ihnen vorgegebenen Richtlinien auch entsprechend umgesetzt werden. Ich rate Ihnen deshalb, dass Sie mindestens quartalsmäßig Transaktionen auf richtlinienkonforme Abarbeitung prüfen. Hierfür bieten sich Präsenzaudits an.

MEIN TIPP: Audits sollten Sie immer in Präsenz durchführen

Natürlich sind Präzenzaudits mit Aufwand für Reisetätigkeit verbunden. Zudem bleibt Ihre sonstige tägliche Arbeit während der Präsenzaudits liegen. Dennoch empfehle ich Vor-Ort-Inspektionen und die Vor-Ort-Durchführung von Audits jeglicher Art. Warum? Weil diese mit deutlich mehr Respekt und Anerkennung verknüpft sind. Deshalb sollten Sie sich angewöhnen, Audits, ganz gleich welche, stets vor Ort durchzuführen.

Dies würde ich Ihnen auch dann empfehlen, wenn Sie die Audits im europäischen Ausland durchzuführen haben. Nur so gewährleisten Sie eine richtlinienkonforme Abwicklung und Anerkennung Ihrer Strukturen. Mit den Audits stellen Sie auch gleich die unabdingbare persönliche Verbundenheit mit den Kollegen an den Standorten sicher und zeigen ihnen die notwendige Anerkennung für deren wertvolle Arbeit.

Führen Sie Gespräche mit den Mitarbeitern vor Ort, die Zolltätigkeiten wahrnehmen, und zwar unabhängig von Hierarchieebenen. Insbesondere die operativ tätigen Mitarbeiter sind für Sie eine gute Erkenntnisquelle für die Feststellung etwaiger prozessualer Lücken. Sie können ihnen dadurch auch Wertschätzung für ihre Tätigkeit signalisieren, was der Vertrauensbildung enorm hilft, welche die Basis jeder stabilen Organisation ist.

Achten Sie auf Alignment bei dezentralen Entscheidungen

Vor allem bei einer dezentralen Organisation müssen Sie dafür sorgen, dass mit Blick auf die zuvor dargestellte Prozesshierarchiepyramide auf Ebene der verschiedenen Prozessbeschreibungen auch eine Abstimmung stattfindet. Dies bedeutet eine große Herausforderung, wenn es um die nachstehenden Themen geht:

  • IT-Systeme
  • Externer Support
  • Geschwindigkeit von Projekten
  • Identifikation neuer Projekte

Bei einer dezentralen Organisation werden Sie vor allem bei diesen Themen sehr schnell feststellen, dass es hier immer wieder zu Diskussionen kommen kann, da Sie an den Standorten lokalen „Landesfürsten“ begegnen. Diese haben natürlich bei der Implementierung und Entscheidung auch ein bedeutendes Wort mitzureden. Sofern deren Prozesse nicht komplett am Exportkontrollrecht vorbeigehen, haben Sie große Mühe, eine Vereinheitlichung zu verwirklichen.

Sehr mühsam werden diese Themen leider immer dann, wenn es hierbei um die IT-Infrastruktur geht und darum, welche IT-Tools genutzt werden. Dies liegt daran, dass Sie bei der Implementierung bzw. Umstellung in der Regel auch lokale IT-Mitarbeiter benötigen, welche die jeweiligen Systeme implementieren bzw. potenzielle Anpassungen am ERP-System vornehmen.

Mein Tipp: Legen Sie in der Richtlinie fest, dass Sie für die automatisierte Exportkontrolle die IT-System-Hoheit haben

Um diese Probleme und Diskussionen zu beenden und Klarheit zu schaffen, sollten Sie im Rahmen der Richtlinie festlegen, dass Sie allein die IT-Strukturen bestimmen und sich die jeweiligen Standorte trotz der dezentralen Organisation der Vorgabe der Headquarters beugen müssen.

Denn nur so stellen Sie sicher, dass Sie einheitliche Prozesse implementieren, welche Sie auch zentral überwachen und steuern können. Darüber hinaus haben Sie nur dann die Möglichkeit, entscheidend Einfluss zu nehmen und die Exportkontrolle anhand einer einheitlichen IT-Systematik vollumfänglich sicherzustellen.

Bleiben Sie deshalb immer am Ball

Ungeachtet der Struktur, die Sie tatsächlich in Ihrem Unternehmen haben, lohnt es sich, sowohl bei der Übernahme einer neuen Tätigkeit als auch im Rahmen der permanenten Organisationswahrnehmung

und im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes immer zu identifizieren, welche Organisationsstruktur gelebt wird. Hin und wieder ist es nämlich so, dass die Organisationsstruktur zwar zentral organisiert ist, jedoch gewisse Themen dezentral gesteuert werden. Dies eröffnet am Ende des Tages auch die Möglichkeit, im Rahmen einer dezentralen Organisation zentrale Züge einzufädeln und diese auch anzunehmen, um die Hoheit über die Exportkontrollprozesse zu haben.

Die gute Botschaft ist also, dass Sie unabhängig von der Organisationsstruktur immer die Möglichkeit haben, auf diese einzuwirken (das ist natürlich ein sehr langwieriger Prozess) und sogar Änderungen anzustreben. Verzagen Sie also nicht und bleiben Sie bei der Organisationsstruktur stets am Ball, damit Sie die Organisation in die Richtung lenken, die nach Ihrer Auffassung für Ihr Unternehmen die beste ist.