Russland-Sanktionen: Das sollten Sie beachten

Russland-Sanktionen: Das sollten Sie beachten

Am 21.2.2022 hat Russland die beiden Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine an der Grenze zu Russland als eigenständige Republiken anerkannt.  Drei Tage später marschierten russische Truppen in das Staatsgebiet der Ukraine ein.

Als Reaktion darauf haben viele Länder, darunter die USA, Australien, Großbritannien und auch die Europäische Union, Sanktionen gegen Russland verhängt. Die betrifft auch den Warenverkehr zwischen Deutschland und Russland.

Kann ich trotz der umfangreichen Sanktionen Russland Geschäfte abwickeln?

Inzwischen wurden mehrere große Sanktionspakete gegen Russland beschlossen. Die Sanktionen sollen die russische Wirtschaft treffen. Von daher sollten Sie damit rechnen, dass es zu Verzögerungen im Außenhandel kommen kann.

Bitte haben Sie auch im Blick, dass Russland innerhalb der kommenden Wochen im Extremfall komplett isoliert werden könnte, was ein Totalembargo bedeuten könnte. Schließlich ist es auch eine Entscheidung des Einkaufs, Vertriebs oder der Geschäftsleitung, weiterhin mit Russland Handel zu treiben.

Wenn Sie sich um die Abwicklung kümmern sollen, bedenken Sie die folgenden Punkte:

1. Zahlungsabwicklung

Die Europäische Union sowie zahlreiche andere Länder, haben Russland vom SWIFT System ausgeschlossen. Auch wurden eine große Anzahl von Banken für den internationalen Geldtransfer gesperrt und die russische Zentralbank sanktioniert. Das könnte bedeuten, dass Sie im Falle eines Imports aus Russland keine Zahlung direkt nach Russland leisten können oder Sie keine Zahlung aus Russland direkt erhalten können.

Hier sollten Sie mit Ihrem Lieferanten bzw. Kunden absprechen, wie der Geldtransfer sichergestellt werden kann. Könnte die Zahlung über ein anderes Land erfolgen? Oder über eine Tochter- oder Schwestergesellschaft?

2. Wie setze ich die aktuellen Sanktionen in meiner Exportkontrolle um?

  • Prinzipiell gilt, dass Sie sicherheitshalber einen Antrag auf Ausfuhrgenehmigung stellen sollten.
  • Eine Lieferung über Tochter- oder Schwesterunternehmen könnte ein Umgehungstatbestand sein.
  • Gleichen Sie die aktuellen Güterlisten mit Ihren Produkten ab. Sind die Artikel gelistet?
  • Haben Sie aktuelle Anträge auf Ausfuhrgenehmigung beim Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt? Diese verlieren unter Umständen ihre Gültigkeit.

3. Wie prüfe ich meinen Geschäftspartner rechtssicher?

Unabhängig von Sanktionen oder Embargos müssen Sie Ihre Geschäftspartner immer überprüfen, ob er auf einer der Antiterrorlisten aufgeführt ist. Rechtssicher können Sie Ihre Geschäftspartner folgendermaßen prüfen:

  • Sie überprüfen die Sanktionslisten manuell. Sollten Sie nicht aus der EU liefern, beachten Sie auch die Vorgaben der anderen Länder:
  • Sie überprüfen die Sanktionslisten in Ihrem ERP oder anderem Exportkontrollsystem? In der Regel arbeiten die Softwareanbieter mit entsprechenden Lizenzen. Sie Sanktionslisten sollten tagesaktuell in Ihrer EDV eingespielt sein. Fragen Sie ggf. in Ihrer EDV-Abteilung bzw. bei Ihrem Softwareanbieter nach.
Tipp: Hatten Sie in der Vergangenheit russische Warenempfänger als „good guy“ manuell definiert? Überprüfen Sie diese erneut!

4. Wie ist die Lage auf dem Transportmarkt?

  • Seefracht: Geplant ist, dass russische Schiffe nicht mehr in einem Hafen der Europäischen Union
  • Luftfracht: Der Luftraum über Russland ist für deutsche Fluggesellschaften gesperrt. Auch Fluggesellschaften anderer Staaten dürfen nicht mehr in Russland starten oder landen. Es besteht ein Flugverbot über europäischem Luftraum für Fluggesellschaften aus Russland, dies gilt für kommerzielle als auch private Flüge.
  • Landtransporte: Die Abläufe sind erheblich gestört. Viele Spediteure haben ihre Fahrten von und nach Russland eingestellt. Die Transporte klären Sie im Individualfall.
  • Bahnverkehr: Vereinzelt gibt es noch Bahnkapazitäten. Prüfen Sie diese mit Ihrem Spediteur.

Russland-Sanktionen: Beachten Sie diese Änderungsverordnungen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen zu den Änderungsverordnungen Nr. 2022/328, Nr. 2022/330 und Nr. 2022/332:

  • EU-Embargo gegen Russland/Ukraine gem. EU-VO 269/2014: Mit ÄnderungsVO 2022/332 wurde die Black-Liste gem. Anhang I der EmbargoVO 269/2014 erneut erweitert. Die neuen Einträge betreffen durchweg natürliche Personen.
  • EU-Embargo gegen Russland gem. EU-VO 833/2014: Mit ÄnderungsVO 2022/328 wurden eine ganze Reihe neuer Beschränkungen eingefügt, hier ein erster Überblick:
     
    • Artikel 1 EU-VO 833/2014: Inhalt wurde um Definitionen ergänzt, die durch neue Beschränkungen erforderlich wurden.
       
    • Artikel 2 EU-VO 833/2014: Verschärfung der Beschränkungen für die EU-Dual-Use-Güterliste (Anhang I zur EU-Dual-Use-VO 2022/821) – jetzt ab sofort Lieferverbot nach Russland für diese Güter, sowie Erbringung von technischer Unterstützung für solche Güter. Ausnahmen sind möglich, siehe Artikel 2 Absatz 3 neu, siehe Artikel 2 Absatz 4 neu, siehe Artikel 2 Absatz 5 neu (Altvertragsausnahme). Für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gelten allerdings auch Einschränkungen, siehe Artikel 2 Absatz 7 neu (neue Black-Liste gemäß Anhang IV, alles russische Produktionsunternehmen – dort grundsätzlich die keine BAFA-Genehmigung möglich ist (lit. i); ebenso keine BAFA-Genehmigung möglich für die russische Luft- und Raumfahrtindustrie (lit. ii); ebenso keine BAFA-Genehmigung bei möglicher militärischer Endverwendung (lit. i).

      Das grundsätzliche Lieferverbot bricht auch bereits erteilte BAFA-Genehmigungen!! Wenn auf bereits erteilte BAFA-Genehmigungen eine der diversen Verbotsausnahmen anwendbar wäre, bitte sicherheitshalber eine neue BAFA-Genehmigung beantragen, insbesondere bei Altvertragsfällen (dort gilt Antragsfrist bis zum 1. Mai 2022!). Das Ausnahmesystem ist etwas kompliziert, und wenn sich herausstellt, dass im Einzelfall keine neue BAFA-Genehmigung notwendig sein sollte, kann man den Antrag immer noch zurücknehmen.
       
    • Artikel 2a EU-VO 833/2014: Lieferverbot für Güter der neuen Güterliste gem. Anhang VII, sowie Erbringung von technischer Unterstützung für solche Güter. Dazu Ausnahmen und Rückeinschränkungen bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, vergleichbar mit der Systematik oben nach Art. 2. 

      Anhang VII enthält unterschiedliche Gütergruppen, auch Maschinen und Anlagen über die Dual-Use-Güterliste hinaus. Diese Güterliste muss von jedem Unternehmen durchgearbeitet werden. (Seltsam: Die Nummerierung der einzelnen Listenpositionen beginnt mit „X“, nicht mit VII). Grob zusammengefasst enthält die neue Güterliste allgemeine Elektronik und Herstellungsausrüstung für solche Elektronik (Kategorie I), Computer (Kategorie II), Telekommunikationsausrüstung und Informationssicherheit (Kategorie III), Sensoren und Laser (Kategorie IV), Navigation und Luftfahrtelektronik (Kategorie V), Meeres- und Schiffstechnik (Kategorie VI), Luftfahrt/Raumfahrt/Landfahrzeuge/Antriebe (Kategorie VII). 
       
    • Neuer Artikel 2b EU-VO 833/2014: Ausnahmen vom Genehmigungsverbot für die russischen Unternehmen nach Anhang IV. Hier zwei Sachverhaltsgruppen: gesundheits- oder umweltgefährdende Situationen, sowie zur Erfüllung von Altverträgen – dort sind also auch für die Black-Liste nach Anhang IV Ausnahmegenehmigungen möglich. 
       
    • Neuer Artikel 2e EU-VO 833/2014: Verbot der Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel oder Finanzhilfen für den Handel mit oder für Investitionen in Russland (siehe Artikel 2e Absatz 1). Drei Ausnahmen: für Altförderungen, für Projekte im Einzelfallwert von max. 10 Mio. EUR für kleine und mittlere Unternehmen, für bestimmte Zwecke (Lebensmittelhandel sowie für landwirtschaftliche, medizinische und humanitäre Zwecke) (siehe Artikel 2e Absatz 2).
       
    • Neuer Artikel 3b EU-VO 833/2014: Lieferverbot für Güter der neuen Güterliste gem. Anhang X, „die zur Ölraffination verwendet werden können“. Verboten sind Lieferungen an Unternehmen mit Sitz in Russland, sowie unabhängig vom Kunden zur Verwendung in Russland. 

      Anhang X arbeitet mit dem zollrechtlichen HS-Code und dazugehöriger Warenbeschreibung. Bitte beachten Sie: Ausschlaggebend ist die Beschreibung in der zweiten Spalte „Waren“, nicht der reine HS-Code. Die in Anhang X verwendeten HS-Codes gehen inhaltlich teilweise deutlich über die Güter/Technologien/Branchen hinaus, die lt. Artikel 3b (und auch Überschrift des Anhangs) sanktioniert werden sollen. Das gilt insbesondere für „Sammelnummer“ wie z. B. 8479 8997.
       
    • Neuer Artikel 3c EU-VO 833/2014: Lieferverbot für Güter der neuen Güterliste gem. Anhang XI. Diese Güterliste blockiert das komplette Kapitel 88 des europäischen Zolltarifs. Auch sind verboten Lieferungen an Unternehmen mit Sitz in Russland, sowie unabhängig vom Kunden.  

      Anhang XI arbeitet mit dem zollrechtlichen HS-Code und dazugehöriger Warenbeschreibung. Bitte beachten Sie: Ausschlaggebend ist die Beschreibung in der zweiten Spalte „Waren“, nicht der reine HS-Code. Die in Anhang X verwendeten HS-Codes gehen inhaltlich teilweise deutlich „Güter zur Verwendung in der Ölraffination“ hinaus, die lt. Artikel 3b sanktioniert werden sollen. Das gilt insbesondere für „Sammelnummer“ wie z. B. 8479 8997.
       
    • Artikel 5 EU-VO 833/2014: Wurde inhaltlich neu gefasst. Betrifft weiterhin nur übertragbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente, sowie die Neuvergabe von Darlehen/Krediten. Exportbegleitende Kredite für legale (also nicht verbotene) Russland-Exporte sind weiterhin nicht betroffen, siehe zweite Hälfte von Artikel 5 Absatz 6. 
       
    • Neuer Artikel 5b EU-VO 833/2014: Verbot für europäische Finanzinstitute, auf dort geführten Bankkonten neue Einlagen von russischen Staatsangehörigen oder in Russland ansässigen Unternehmen entgegenzunehmen. Allerdings mit Ausnahme für Einlagen, die für den „nicht verbotenen Handel mit Waren und Dienstleistungen“ zwischen der EU und Russland bestimmt sind, siehe Absatz 3. Weitere Ausnahmen von diesem Verbot siehe neuen Artikel 5c und 5d. 
       
    • Neuer Artikel 5e EU-VO 833/2014: Weitere rein „banktechnische“ Sanktion, keine Relevanz für den Maschinen- und Anlagenbau erkennbar. 
       
    • Neuer Artikel 5f EU-VO 833/2014: Weiteres Verkaufsverbot für bestimmte, auf Euro lautende übertragbare Wertpapiere. Keine Relevanz für Maschinenexporte erkennbar. 
       

Die am 28.02.2022 veröffentlichte ÄnderungsVO Nr. 2022/334 hat für die praktische Exportkontrolle keine Bedeutung. Mit dieser Änderung der Russland-EmbargoVO Nr. 833/2014 wurde das Luftverkehrsembargo gegen Russland auf eine europäische Rechtsgrundlage gestellt (neue Artikel 3d und 3e der EU-VO 833/2014). Außerdem wurden die angekündigten Sanktionen gegen die russische Zentralbank rechtlich umgesetzt (neue Absätze 4, 5 und 6 in Artikel 5a der EU-VO 833/2014).
  
Quelle: VDMA

Freihandelsabkommen Europäische Union und Ukraine betroffen

Das Freihandelsabkommen (DCFTA) zwischen der EU und Ukraine vom 1.1.2016 wird geändert. Es gilt nicht mehr für die beiden Gebiete Luhansk und Donezk.

Mein Tipp: Wenn Sie Ihre Exportkontrolle EDV gestützt durchführen, werden die neuen Sanktionslisten in der Regel automatisch über Nach in Ihr System übernommen. Bitte klären Sie das ggf. mit Ihrem Softwareanbieter und Ihrer EDV oder IT-Abteilung ab.

Überprüfen Sie die Sanktionslisten manuell, können Sie das in unserem ELEX-Portal schnell und rechtssicher erledigen.

Überprüfen Sie, ob Sie Lieferungen aus oder in die beiden Separatistengebiete Luhansk und Donesk in der Ostukraine haben. Die Bedingungen des Freihandelsabkommens gelten nicht mehr. Sie können keine Zollpräferenzen mehr in Anspruch nehmen oder Präferenzdokumente ausstellen.

Gegensanktionen von Russland

Inzwischen hat die russische Regierung auf die Sanktionen reagiert und Gegenmaßnahmen erlassen. Per Erlass von Russlands Präsident Putin ist es russischen Personen und Unternehmen ab dem 1. März 2022 verboten, Fremdwährung ihren bei Banken und Organisationen im Ausland eröffneten Konten gutzuschreiben sowie Geld ohne Eröffnung eines Bankkontos mit ausländischen elektronischen Zahlungsmitteln zu überweisen.

Im Erlass geht es um folgende Transaktionen und Kontrollen:

  • Kontrolle über den Verkauf von Deviseneinnahmen durch Exporteure,
  • Verbot für russische Personen für den Transfer von Devisen ins Ausland,
  • Verbot für die Vergabe von Fremdwährungskrediten an Gebietsfremde (nicht Schulden),
  • Verbot für Russen, Geld auf ausländischen Konten gutzuschreiben.

Es geht um das „Verbot der Durchführung von Devisengeschäften im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Devisen durch Gebietsansässige zugunsten von Gebietsfremden im Rahmen von Darlehensverträgen“.

Wie aus einer regierungsnahen Quelle erklärt wird, bedeutet diese Formulierung nicht, dass es Unternehmen verboten wird, ihre Schulden gegenüber ausländischen Gegenparteien zu begleichen.

Es geht darum, die Kreditvergabe von Gebietsansässigen an Gebietsfremde zu blockieren. Tatsächlich besteht der Zweck dieser Maßnahme darin, den Abzug von Kapital in Offshore- und andere Gerichtsbarkeiten durch Darlehensverträge zu verbieten, so eine regierungsnahe Quelle.

Prüfen Sie dennoch umgehend, ob Ihre Lieferungen nach Russland per Vorkasse bezahlt wurden. Wenn Sie weiterhin nach Russland liefern möchten, beachten Sie unbedingt die aktuellen Vorschriften und kalkulieren Sie Verzögerungen beim Transport ein.

Tipp: Haben Sie noch unbezahlte Rechnungen mit ihren Kunden in Russland? Dann könnte Ihnen ein Zahlungsausfall drohen. Bitte setzen Sie sich mit Ihrer Finanzabteilung bzw. mit Ihrer Bank in Verbindung, welche Möglichkeiten Sie haben, ihre Ansprüche geltend zu machen!